Handy im Wählscheibentelefon




Die Idee [1] ein normales Handy in ein Wählscheibentelefon aus den 70er Jahren einzubauen ist zwar nicht neu, aber da doch das Nice-to-Have nicht ganz unlustig ist, wollte ich mir auch eins bauen. Die Idee wurde auch von einem Arbeitskollegen [2] aufgegriffen und in Lochrastertechnik umgesetzt sowie im Forum diskutiert.
Aber wie das so ist, wollte ich die Luxus-Version mit geätzter Platine realisieren und selber das Programm für die Steuerung schreiben.

Das Konzept von mir verwendet ein Bundespost Wählscheibentelefon Typ FeTAp 611-2 aus den 70ern und ein Siemens C-25 Handy, die es recht günstig bei eBay gib. Gut erhaltene Telefone dagegen sind zum Teil nicht unter 10,- zu haben.

Ich habe auf der Platine den Controllerteil mit einem ATMega88V, eine Ladeschaltung für 4 NiMH-Akkus und die Erzeugung der 30V Wechselspannung (ATTiny25) für die Glocke untergebracht. Um das selber ätzen so einfach wie möglich zu gestalten bzw. preiswert, ist die Platine nur einseitig und kommt mit 7 Drahtbrücken aus. Auf SMD konnte aber nicht verzichtet werden, die Teile im 1206 Format sind dennoch noch recht gut zu löten.
Eine Stückliste gibt Auskunft der benötigten Teile und wer bei Reichelt bestellen möchte auch eine Bestellliste in diesem Handbuch.

Da der StepUp Converter für die 25V bis 30V ca. 300mA Spitzenstrom benötigt, müssen 2 Stromversorgungen eingebaut werden, weil das Handy mit derartigen Spannungseinbrüchen nicht klar kommt. Das Handy behält daher den eigenen Akku bzw. man baut 3 Zellen mit ein. Diese werden dann auch vom Handy über die Ladebuchse (+5V) geladen und überwacht. Der Akku für die Steuerung bekommt eine Ladeschaltung mit einem MAX712 und versorgt den uC- und Konverterteil. Ist die Schaltung in Bereitschaft beträgt die Stromaufnahme gerade 5mA und nur wenn es klingelt sind es im Mittel ca. 250mA je nach Akkuspannung.
Der uC überwacht auch die Akkuspannung und schaltet das Handy und sich selbst bei ca. 3,8V ab. Um zu verhindern, dass alles abgeschaltet wird, wenn es klingelt, da die Spannung naturgemäß auch unter 3,8V fallen kann, ist die Funktion so lange deaktiviert und erst nach ca. 800ms wieder aktiv.

Um zu erkennen, ob das Handy angerufen wird, muss der Klingel-Piezo abgegriffen werden und durch eine gewählte Dauermelodie (18) wird der Pegel am Eingang vom IC6B auf low gezogen. Somit wird am uC ein High-Pegel erzeugt, die Glocke aktiviert und darauf gewartet, dass der Hörer abgenommen wird. Der weitere Ablauf verhält sich in bekannter Weise.
Die typische Klingeltonerzeugung wird von einem ATTiny25 gesteuert, der die +25V Schaltung aktiviert (Strom sparen) und mit einer H-Brücke die Wechselspannung erzeugt.
Der Haupt-uC braucht daher nur mit einer Leitung den Befehl zum läuten geben. Es wäre auch möglich gewesen, dass den ATMega88 auch erledigen zu lassen, wollte dieses aber gerne trennen. Andere haben den Vibrationsmotor an die Glocke geklebt, was ich aber als nicht so elegant erachtet hatte und außerdem hat das C25 kein Vibrations-Alarm.

Der andere Teil wäre der Vorgang zum Telefonieren. Weil ein Handy kein Freizeichen hat, im Festnetz aber üblich ist, wird dieses vom uC simuliert, wenn der Hörer abgenommen wird.
Der uC wartet nun auf das Wählen der gewünschten Rufnummer, natürlich mit Vorwahl und nach 3s Wählpause wird die Verbindung aufgebaut.
Auch das typische Knacken in Lautsprecher ist zu hören, wenn die Wählscheibe zurück dreht und die Impulse zum uC überträgt.

Das originale Mikrofon, in der Regel eine Kondensatorkapsel, wird vom Handy in den Hörer eingebaut, der Lautsprecher im Hörer kann dagegen weiter verwendet werden.
Auf der Platine ist dazu die Position der Kontakte richtig platziert und erfordert die Kontakte von der alten Platine. Außerdem wird die Gabel von selbiger ausgelötet und in die neue verlötet sowie geschraubt. Mehr Teile werden auch nicht benötigt.

Mit der Firmware Version 1.20 (12.04.2011) sind noch einige Verbesserungen hinzugekommen:
  • Das Freizeichen hat jetzt 425Hz, es war vorher niedriger
  • Wenn der Hörer abgenommen war und das Handy wird erst dann angerufen,
        wurde das Gespräch sofort angenommen. Dies ist jetzt gesperrt, dass Gespräch
        wird nicht abgenommen.
  • Das Handy kann mit wählen von "999" jeweils Ein- oder Ausgeschaltet werden

  • Mit der Firmware Version 1.30 (12.08.2011) kann die Software die letzte gewählte Rufnummer im EEPROM (unverschlüsselt :-) ) speichern und wird mit wählen von "99" angerufen.

    Zum Aufbau:

    Als Reihenfolge empfehle ich erst die Ladeschaltung aufzubauen und zu testen, dann den Spannungskonverter mit der H-Brücke und ATTiny25 für die Klingeltonerzeugung und zum Schluss den uC-Teil inkl. Analogschalter- und Schmitt-Trigger-IC.
    Wichtig ist für die Inbetriebnahme des Spannungswandlers, dass der Kondensator C-3 bestückt wird, da sonst keine Spannung erzeugt wird. Dieser Elko ist mit 470µF/35V etwas zu groß für SMD und muss daher über dem IC-2 angebracht werden. Die Pins gehören auf dem Spannungsausgang (+25V).
    Der uC sendet beim Einschalten der Stromversorgung 0..9 auf die Handytastertur und die FW-Version. Somit hat man auch die Gewissheit, dass die richtigen Pins am Handy angelötet sind. Durch das Flachbandkabel und Wannenstecker/Buchse ist der Aufwand erträglich und minimiert den Fehlerteufel.

    Das Relais trennt im Ladevorhang den Akku von der uC-Einheit, da die Spannung über 6V beträgt und dem uC schaden könnte. Wird die ext. Versorgung abgeschaltet, fällt das Relais ab und der Akku versorgt die Schaltung. Die Spannung fällt ohne Ladestrom auf unter 6V ab, was somit keine weiteren Schutzmaßnahmen erfordert.

    Ansonsten sollte der Aufbau selbsterklärend sein, zu Beachten ist die Polung der LED, Dioden und Elkos. Die angephaste Kante der ICs entspricht dem Doppelstrich im Bestückungsplan. Nicht zu vergessen sind die Drahtbrücken und die Masseverbindung der ICs 3-5 zum Platinenrand. Die Gabel wird auf der Leiterbahnseite montiert, daher ist bei nicht-durchkontaktierten Platinen kein Löten möglich. Hierzu sind Lötpads vorgesehen, was das verbinden von unten Erleichtert. Wichtig ist noch die Plusleitung vom JP8 nach JP9 zu verlegen, im Schaltplan mit "Wire" bezeichnet (nicht Masse)

    Ein Schalter (SW) ermöglicht noch das komplette Ausschalten des Telefons, um den Akku zu schonen. Das C25-Handy schaltet sich bei Spannungsabfall auch mit ab, im Programm ist der Vorgang aber nicht berücksichtigt.

    Die Bauteile mit Bindestrich in der Bezeichnung im Bestückungsplan wie z.B. T-3 sind für die Klingelschaltung getrennt aufgeführt, siehe zweiten Schaltplan und das Layout.

    Eine weitere Möglichkeit Strom zu sparen wären die LEDs am Handy zu entfernen, somit sind noch einige mA drin, zumal die LEDs nicht gebraucht werden.
    Durch den Einsatz der "V" Version des ATMega ist die Stromaufnahme des uC-Teils nur noch sehr gering. Somit ergibt sich eine mittlere Betriebszeit von ca. 1 Woche je nach eingesetzten Akkus.

    Ich möchte noch darauf Hinweisen, dass dieser Nachbau nur für den geübten Bastler zu empfehlen ist, gerade wenn andere Handys zum Einsatz kommen sollten.
    Falls das Handy nicht die gewählten Zahlen anzeigen, wenn diese mit der Wählscheibe gewählt werden, so kann es an den abgenutzten Kontakten in der Wählscheibe liegen, je nach Beanspruchung des Telefons in der Vergangenheit. Sie sollten nahezu Null Ohm haben.

    Eine kleine Bilderserie soll als Aufbauvorschlag dienen, Möglichkeiten gibt es ja genug.


    Gebrannte Controller oder Platinen in kleiner Stückzahl können zum SKP bezogen werden, die Firmware zum selber brennen sende ich aber auch gerne zu (eMail).


    Hier wieder ein paar Bilder (anklicken):


    Standard Telefon aus den 70er Jahren
    Ausgebaute originale Platine ohne Gabelschalter
    Bestückte Platine in 3D
    Bestückte Platine mit Gabelschalter
    Aufgebaute kommerziell hergestellte Platine im Telefon ohne Verdrahtung
    Aufgebaute kommerziell hergestellte Platine im Telefon mit Verdrahtung und Handy-Akku unter der Wählscheibe.

    Der Haupt-Akku fehlt noch, die Zellen werden vor der Wählscheibe unten platziert.

    Oben rechts der SIM-Karten Adapter für problemlosen Tausch ohne öffnen.
    Eingebaute Platine, Handy und Akkus noch extern
    Schaltplan Controllerteil und Akkuladung
    Schaltplan der 25V Erzeugung, H-Brücke und Controller


    - Der komplette Aufbau zum Download => telefon.pdf (3,0MB)
    - Firmware zum selber brennen V1.30 => telefon_fw_130.rar
    - Bilder vom fertigen Aufbau => telefon_bilder.rar (2,3MB)
    - Besonders zu beachten: RTFM   :-)


    Impressum   Stand: 22.10.2011 Nach oben   Zurück